Page 14 - Taxikurier Juni 2021
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RECHTSPRECHUNG
➔ URTEILE
Abruptes Abbremsen aufgrund des unverschuldeten abrupte Abbremsen der Klägerin sei dagegen unstreitig auf
Aus lösens des Notfallbrems assistenten wiegt weniger das Versagen der technischen Einrichtung ihres Kraftfahrzeugs
schwer als ein erheblich zu geringer Sicherheitsabstand zurückzuführen, so dass sie kein Verschulden treffe.
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main,
Haftungsverteilung von 2 ⁄ 3 zu 1 ⁄ 3 zugunsten der Klägerin Urteil vom 09.03.2021 – 23 U 120 ⁄ 20)
Löst sich auf der Autobahn unverschuldet während freier Fahrt
der Notfallbremsassistent eines vorausfahrenden Fahrzeugs und Erhöhung der Regelgeldbuße wegen Missachtung mehrerer
fährt der nachfolgende LKW ohne Einhaltung des nach § 4 Abs. 3 hintereinander aufgestellter Tempo-Schilder
StVO gebotenen Sicherheitsabstands von mindestens 50 m auf
das abrupt abgebremste Fahrzeug auf, überwiegt der Haftungs-
anteil des nachfolgenden LKW. Die unbegründete und erhebliche Vorliegen einer erhöhten Sorgfaltspflichtverletzung
Unterschreitung des Sicherheitsabstands ist auf ein schuldhaftes
Verhalten zurückzuführen, während das vorausfahrende Fahrzeug Missachtet ein Fahrzeugführer mehrere hintereinander aufgestell-
aufgrund eines technischen Versagens abgebremst wurde. Dies te Tempo-Schilder, so handelt er mit erhöhter Fahrlässigkeit, was
rechtfertige eine Haftungsverteilung von 2 ⁄ 3 zulasten. die Erhöhung der Regelgeldbuße rechtfertigt. Dies hat das Ober-
landesgericht Koblenz entschieden.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz nach
einem Verkehrsunfall auf der A5 Richtung Kassel ⁄ Hannover zwi- Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2019 miss-
schen der Anschlussstelle Frankfurt am Main, Westhafen und dem achtete ein Pkw-Fahrer auf einer Autobahn drei hintereinander
Westkreuz Frankfurt in Anspruch. Die Klägerin fuhr vor dem Be- aufgestellte Tempo-Schilder. Die Verkehrszeichen beschränkten
klagtenfahrzeug, einem Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse aufgrund eines Unfallschwerpunktes die Höchstgeschwindigkeit
von über 3,5 Tonnen. Während ihrer Fahrt löste sich der Notfall- auf 100 km ⁄ h. Der Pkw-Fahrer fuhr mit einer Geschwindigkeit
bremsassistent. Der Beklagte konnte nicht mehr rechtzeitig von 121 km ⁄ h. Aufgrund dessen wurde gegen ihn ein Bußgeld in
bremsen und kollidierte mit dem klägerischen Fahrzeug. Das Höhe von 70 Euro festgesetzt. Dagegen richtete sich der Ein-
Landgericht hatte der Klägerin 1 ⁄ 3 des geltend gemachten Scha- spruch des Pkw-Fahrers.
dens zugesprochen. Ihre hiergegen gerichtete Berufung hatte
zum Teil Erfolg. Das OLG sprach der Klägerin nunmehr 2 ⁄ 3 ihres Das Amtsgericht Linz erhöhte die Regelgeldbuße von 70 Euro um
Schadens zu. 15 Euro. Zur Begründung führte es aus, dass der Betroffene mit
erhöhter Fahrlässigkeit gehandelt habe, weil er sein Fahrverhal-
Bei dem erforderlichen Haftungsausgleich zwischen den Beteilig- ten trotz mehrfach hintereinander aufgestellter Verkehrszeichen
ten sei, so das OLG, zu berücksichtigen, dass der Unfall durch nicht angepasst hatte. Gegen diese Entscheidung legte der Be-
das Beklagtenfahrzeug mitverursacht worden sei. Dieses habe troffene Rechtsbeschwerde ein.
aufgrund des zu geringen Sicherheitsabstands zum vorausfahren-
den klägerischen Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen Das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte die Entscheidung des
können. Angesichts der Größe des Lkw mit einer zulässigen Ge- Amtsgerichts. Der Betroffene habe mit erhöhter Fahrlässigkeit
samtmasse über 3,5 t hätte gem. § 4 Abs. 3 StVO auf Autobah- gehandelt, da er mehrere hintereinander aufgestellte Verkehrs-
nen zu vorausfahrenden Fahrzeugen ein Mindestabstand von zeichen ignoriert hatte. Es liege gegenüber dem Regelfall, der
50 m eingehalten werden müssen, wenn die Geschwindigkeit Nichtbeachtung nur eines Schildes, eine erhöhte Sorgfaltspflicht-
mehr als 50 km ⁄ h betrage. Sachverständig geklärt sei, dass die- verletzung vor. Der Betroffene habe die Botschaft der besonderen
ser Sicherheitsabstand hier trotz der gefahrenen Geschwindigkeit Unfall- oder Gefahrenträchtigkeit nicht nur in einem kurzen
nicht eingehalten worden sei. Augenblick, sondern über einen längeren Zeitraum ignoriert.
Die Klägerin müsse sich als Verursachungsbeitrag vorwerfen (Oberlandesgericht Koblenz,
lassen, dass sie ihr Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund auf freier Beschluss vom 08.03.2021 – 4 OWi 6 SsRs 26 ⁄ 21)
Strecke abrupt abgebremst habe. Die gebotene Abwägung dieser
beiderseitigen Verursachungsbeiträge führe zu einer Haftungsver-
teilung von 2 ⁄ 3 zu Lasten der Beklagten und 1 ⁄ 3 zu Lasten der
Klägerin. Hinsichtlich des LKW-Fahrers sei von einem Verschulden
auszugehen, da der erforderliche Sicherheitsabstand ohne zwin-
gende Gründe um etwa 30 % unterschritten worden sei. Das
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