Page 27 - Taxikurier Januar 2023
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was wohl ein bisserl länger gedauert hat. umweltfreundlich und kostengünstig haus, wie nicht anders zu erwarten, einen
Die Trockenrasen-Knotenameise und ihre schmackhaft gemacht werden, plumpe vollen Erfolg. Die übliche Stadtratsmehrheit
Beschützer wird's freuen, die Hinterblie- Leute-Verarsche, nix anderes! beschloss Anfang November, den Pilotver-
benen des 52-Jährigen, der dort Mitte such für endgültig zu erklären. Mobilitäts-
November mit seinem Wagen final von referent Dunkel: „Die Radfahrstreifen an
einem Regionalzug erfasst wurde, aller- Entlastung der Fraunhoferstraße sind ein klarer Erfolg,
dings weniger. weil sich nun deutlich weniger Radunfälle
Die geplante U 9 soll an der Poccistraße ereignen als zuvor”. Die CSU macht dage-
von der Bestandsstrecke der U 3 ⁄ 6 abwei- gen eine andere Rechnung auf: seit der
Baumaßnahmen chen und auf einer Strecke von 10,5 km Neuregelung sei der Radverkehr in der
über den Hbf und den Elisabethplatz zur
Es würde den Rahmen sprengen, hier alle Münchner Freiheit führen. Dazu wäre auch
von der MVG für 2023 angekündigten ein komplett neuer U-Bahnhof unterm Hbf
Sanierungsmaßnahmen der Gleisnetze von erforderlich, wo bekanntlich wegen der
U- und Trambahn aufzuführen. Erwähnens- Zweiten Stammstrecke und dem völlig
wert ist aber doch, dass von Haidhausen überflüssigen Neubau des Bahnhofsgebäu-
bis zum Ostfriedhof, am Wettersteinplatz des unter- und oberirdisch bereits heftig
und zwischen Authari- und Theodolinden- gewerkelt wird. Allein dieser eine U-Bahn-
platz nächsten Sommer gearbeitet werden hof soll 562 Millionen Euro kosten und die
wird. Dabei war die Tramstrecke nach ganze U 9 vier Milliarden bei einer Bauzeit
Grünwald ohnehin erst monatelang wegen von etwa zehn Jahren, alles natürlich
Komplettsanierung gesperrt. Aber auch Stand heute …
rund um den Scheidplatz sollen 450 Meter
Gleise sowie diverse Weichen ausgewech- Am 30. November (nach Fertigstellung die-
selt werden, ganz abgesehen vom Aus- ses Beitrages) wird der Stadtrat mit einer
tausch von 1.100 Metern Gleis in der breiten Mehrheit aus Grünen, CSU und SPD
Barer- und Nordendstraße. Bei den glühen- dem „Vorhaltebauwerk”, also dem U-Bahn-
den Befürwortern der Trambahn („Tram- hof unter dem Hbf, zustimmen, allerdings,
bahnanhänger" wäre missverständlich) und jetzt kommt's, ohne dass überhaupt
verschwinden solche Tatsachen allerdings Finanzierungszusagen des Bundes und des
immer vollkommen aus ihrer höchst selek- Freistaates vorliegen. Es könnte also passie-
tiven Wahrnehmung, sowohl hinsichtlich ren, dass etliche Millionen unter dem Hbf
der Umweltbelastung durch die Arbeiten an versenkt werden, die U 9 aber niemals
sich wie auch der dabei verursachten zu- kommt. Und das mit der Zweiten Stamm-
sätzlichen Staus. Und die immensen Preise strecke ist ja bekanntlich auch so eine
für Material und Arbeit werden ebenfalls Sache. Mit der Aufarbeitung der bisher be-
komplett ignoriert, weil hier gerne so ge- kannten Vorgänge soll noch im Dezember
tan wird, als würde eine Trambahnstrecke ein Untersuchungsausschuss im Bayerischen
nach ihrer Eröffnung die nächsten hundert Landtag beginnen, vor dem auch Minister- Fraunhofer um 20 % zurückgegangen, die
Jahre keine Kosten mehr verursachen. präsident Söder und Ex-Bundesverkehrs- Zahl der Unfälle aber nur von 9,5 auf acht.
Dabei beginnen die Taschenspielertricks minister Scheuer als Zeugen werden an- Angesichts der insgesamt zurückgegange-
schon beim Bau der neuen Strecken (also tanzen müssen. Wann wussten sie von den nen Verkehrsleistung (s.o.) hätte es im
noch gar nicht ihrem Unterhalt), wie z. B. exorbitanten Kostensteigerungen, wann von Verhältnis jedoch nur mehr 7,5 Unfälle ge-
bei der berüchtigten „Westtangente” durch der Bauverzögerung um mindestens zehn ben dürfen. Zwischenfrage: was ist ein
Boschetsrieder-, Fürstenrieder- und Wotan- Jahre? Da werden voraussichtlich zwei Her- 0,5-Unfall? Woher CSU-Fraktionschef Pretzl
straße, deren Kosten der grüne Verkehrs- ren von ihren Pflegerinnen im Rollstuhl in die Zahlen überhaupt hat, geht aus dem
experte Bickelbacher noch vor einem Jahr den Saal gefahren werden und schon bei der Merkur-Artikel vom 10. November auch
mit 83,8 Millionen bezifferte, während die Frage nach ihrem Namen eklatante Erinne- nicht hervor, dubios. Aber ebenso seltsam
Stadtwerke bereits in 2018 von „knapp rungslücken aufweisen. „Wer issn der Söde, ist die Forderung unserer üblichen Ver-
170 Millionen”, also etwa dem Doppelten, von dem sie da imme schbrechn, i bin doch kehrsexperten, die Gehwege sollten noch
ausgingen. MVG-Chef Ingo Wortmann rech- de Maggus”, könnten die Ausschussmitglie- verbreitert und die Straße überhaupt grü-
net (Stand heute) bis 2029 für Instandhal- der zu hören bekommen. Im Landtagswahl- ner werden. Letzteres scheitert freilich
tung und Modernisierung der bestehenden jahr 2023 allerdings keine gute Empfehlung schon daran, dass darunter die U-Bahn ver-
U- und Trambahnanlagen mit 569 Millionen für unser Heißluftgebläse und seine Partei. läuft und Bäume ja auch sowas wie Wur-
Euro. Der Bund beteiligt sich daran mit zeln brauchen. Auch die Straßenbreite ist
50 Prozent, was die Sache natürlich irgend- doch irgendwie durch die beidseitige Be-
wie geschmeidiger aussehen lässt. Aller- Fahrradspur Fraunhoferstraße bauung begrenzt, oder nicht? Schrottis ge-
dings nur für die MVG, weil das Geld für nialer Vorschlag dazu: alle Gebäude einfach
die Bundes-Hälfte ja auch nicht am Baum Bei einer abschließenden Bewertung des abreißen und durch Gummihäuser ersetzen,
wächst, sondern von uns Steuerzahlern zu Verkehrsversuchs in der Fraunhoferstraße die sich nach außen wölben, wenn Fußgän-
erbringen ist. Mit solchen Hütchenspieler- (Wegfall von 120 Parkplätzen, dafür breite ger, Radler und die Trambahn gleichzeitig
tricks soll uns die Trambahn als besonders Radwege) sahen Grüne und Rote im Rat- die Straße benützen. Dann könnten zeit-
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