Page 15 - Taxikurier September 2022
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VERKEHRSRECHT
NOCH EINE NEUE VERKEHRSFORM:
recht kompakt
LINIENBEDARFSVERKEHR
In den letzten zwei TAXIKURIER-Ausgaben ist die neue Gele- entgelte und -bedingungen, sondern im Nahverkehrsplan (oder
genheitsverkehrsform gebündelter Bedarfsverkehr vorgestellt auch den beiden anderen Instrumenten) sind auch bereits Vor-
worden, nun wenden wir uns einer weiteren Neuerung zu: gaben zur Betriebspflicht und Beförderungspflicht anzulegen.
dem Linienbedarfsverkehr. Die Hauptabgrenzung zum ge- Die Betriebspflicht kann zeitlich und räumlich definiert werden
bündelten Bedarfsverkehr besteht darin, dass dieser einen und es können auch Vorgaben für die einzusetzenden Fahrzeuge
Pooling-Verkehr außerhalb des ÖPNV darstellt, der Linien- und Beförderungskapazitäten gesetzt werden.
bedarfsverkehr ein bedarfsgesteuertes Pooling-Angebot inner-
halb des ÖPNV bedeutet. Es handelt sich hierbei um die Be- Zuschläge zum regulär geltenden ÖPNV-Tarif können nicht vom
förderung von Fahrgästen auf vorherige Bestellung ohne Unternehmer eigeninitiativ erhoben werden, auch hier regelt dies
festen Linienweg zwischen bestimmten Einstiegs- und Aus- der Aufgabenträger. Ob sich ein Aufgabenträger beim Linien-
stiegspunkten, aber innerhalb eines festgelegten Gebietes bedarfsverkehr für einen pauschalen Aufschlag zum Linienver-
und zu festgelegten Bedienzeiten. Der Linienbedarfsverkehr kehr-Tarif, eine dynamische Gestaltung oder einen separaten
ist eine neue dritte Säule des Linienverkehrs, neben dem Tarif entscheidet, hängt vom jeweiligen Anwendungsfall ab.
„normalen Linienverkehr“ und den Sonderformen des Linien-
verkehrs wie beispielsweise Schülerfahrten und Marktfahrten. Ein Ausblick: Die MVG projektiert derzeit den IsarTiger, der dann
als Linienbedarfsverkehr laufen wird. Ob das Modell den Anklang
Der wesentliche Unterschied des Linienbedarfsverkehrs zum der Fahrgäste findet oder ob es ein Millionengrab wird, so wie es
normalen Linienverkehr besteht darin, dass die Fahrgäste des die Berliner BVG mit dem gerade eingestellten und ähnlich be-
Bedarfsverkehrs nicht an bestimmten Haltestellen warten und triebenen Sammelverkehr BerlKönig erfahren hat, wird erst die
ein- sowie aussteigen, sondern vorher (regelmäßig per Internet- Zukunft zeigen. Eine Kooperation mit dem Gewerbe, welches die
oder Smartphone-App) bestellt haben und an zwar bestimmten vorhandenen Fahrzeuge und das Erfahrungswissen bereitstellen
Punkten, aber eben nicht an Haltestellen, ein- und aussteigen. könnte, würde die Risiken deutlich minimieren.
Die regelmäßige Bedienzeit wird beim Linienbedarfsverkehr er-
setzt durch die festgelegten Bedienzeiten, auf die sich der Fahr- Wo steht’s im Gesetz? § 44 PBefG
gast ebenso wie auf die bestimmten Ein- und Ausstiegspunkte
durch die Informationsvermittlung per Internet ⁄ in der Smart-
phone-App einstellen kann. Fahrpläne müssen wegen der beson-
deren Einsatzart für den Linienbedarfsverkehr ausdrücklich nicht
aufgestellt werden. Der Verkehr ist sowohl mit Pkw als auch mit
Omnibussen durchführbar. Für den Linienbedarfsverkehr gelten
wie für alle ÖPNV-Verkehrsarten und den Taxenverkehr auch die
Betriebs-, Beförderungs- sowie Tarifpflicht.
Die bereits vorhandenen Verkehre sind dadurch geschützt, dass
eine Genehmigung eines Linienbedarfsverkehrs versagt werden Der Autor:
kann, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beein- Rechtsanwalt Thomas Grätz
trächtigt werden, dass ein Linienbedarfsverkehr Verkehrsauf- ist seit über 30 Jahren mit
gaben wahrnehmen würde, die bereits von den vorhandenen Personenbeförderungsrecht
Unternehmen wahrgenommen werden. befasst und war Geschäftsführer
vom damaligen Taxi-Bundes-
Es kommen ausschließlich Beförderungsentgelte und -bedin- verband BZP. Bekannt ist auch
gungen zur Anwendung, die im Nahverkehrsplan oder einem sein PBefG- Standardwerk
öffen tlichen Dienstleistungsauftrag oder in einer sog. Vorabbe- „Fielitz ⁄ Grätz“.
kanntmachung erfolgt sind. Diese Vorgaben stellt der sogenann-
ten ÖPNV-Aufgabenträgers auf, das ist die für die Organisation
und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs zustän-
dige Stelle; in München ist dies nach dem Landesrecht die Lan-
deshauptstadt. Die Planung der Bestellungsvorgaben durch den
Aufgabenträger ist dabei nicht beschränkt auf die Beförderungs-
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