Page 10 - Taxikurier Mai 2023
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RECHTSPRECHUNG
➔ URTEILE
Hupen begründet kein Vertrauen auf Abbruch Vorbeifahren an Müllfahrzug setzt nicht stets Schritt-
einer Rückwärtsfahrt geschwindigkeit und Seitenabstand von 2 m voraus
Mithaftung wegen sorgfaltswidriger Weiterfahrt Im Einzelfall kann Geschwindigkeit von 13 km ⁄ h sowie
Seitenabstand von 50 cm ausreichen
Hupt ein Fahrzeugführer, um einen rückwärts aus einer Garagen-
einfahrt ausfahrenden Verkehrsteilnehmer zu warnen, darf er nur Wer an einem im Einsatz befindlichen Müllfahrzeug vorbeifahren
unter besonderer Vorsicht und jederzeitiger Bremsbereit weiterfah- will, muss nicht stets mit Schrittgeschwindigkeit fahren und einen
ren. Das Hupen begründet kein Vertrauen darauf, dass der andere Seitenabstand von mindestens 2 m einhalten. Im Einzelfall kann
Verkehrsteilnehmer die Rückwärtsfahrt abbricht. Dies hat das auch eine Geschwindigkeit von 13 km ⁄ h und ein Seitenabstand
Landgericht Saarbrücken entschieden. von 50 cm ausreichen. Dies hat das Oberlandesgericht Celle
entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachver-
halt zugrunde: Im März 2020 Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2021 kam
befuhr der Fahrer eines Peugeot es auf einer Straße in Hannover zu einem Verkehrsunfall als ein
eine verkehrsberuhigte Straße Pflegedienstfahrzeug an einem im Einsatz befindlichen Müllfahr-
im Saarland als er bemerkte, zeug vorbeifuhr und dabei mit einer Mülltonne kollidierte. Zu der
dass ein Mercedes rückwärts Kollision kam es, weil ein Müllmann den Container hinter dem
aus einer Garageneinfahrt Müllfahrzeug quer über die Straße schob. Die Pflegedienstfirma
eines Wohnhauses ausfuhr. erhob schließlich Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Nach-
Der Peugeot-Fahrer hupte und folgend bestand Streit darüber, ob die Fahrerin des Pflegedienst-
fuhr weiter. Da der Mercedes- fahrzeugs eine Mithaftung anzulasten sei, da sie mit einer Ge-
Fahrer seine Rückwärtsfahrt schwindigkeit von 13 km ⁄ h und einem Seitenabstand von 50 cm
nicht abbrach, kam es zu einem Zusammenstoß. Der Mercedes- an dem Müllfahrzeug vorbeigefahren war.
Fahrer klagte schließlich auf Schadensersatz in Höhe von über
4.000 Euro. Das Amtsgericht Homburg wies die Klage ab. Dagegen
richtete sich die Berufung des Klägers. Landgericht nahm hälftige Haftungsverteilung vor
Das Landgericht Hannover nahm eine hälftige Haftungsverteilung
Anspruch auf anteiligen Schadensersatz vor. Zwar sei auf Seiten der Beklagten ein Sorgfaltsverstoß fest-
zustellen. Der Müllmann hätte den Müllcontainer nicht über die
Das Landgericht Saarbrücken entschied zum Teil zu Gunsten des Fahrbahn schieben dürfen, ohne auf das Klägerfahrzeug zu achten.
Klägers. Ihm stehe ein Anspruch auf Ersatz von 20 % des entstan- Aber auch der Fahrerin des Klägerfahrzeugs sei eine Pflichtverlet-
denen Schadens zu. Nur in dieser Höhe hafte der Beklagte. Der zung anzulasten. Sie habe nämlich weder Schrittgeschwindigkeit
Kläger habe den Unfall überwiegend selbst verschuldet. Er habe noch einen Seitenabstand von 2 m eingehalten. Gegen diese Ent-
gegen das Sorgfaltsgebot beim Rückwärtsfahren aus § 9 Abs. 5 scheidung richtete sich die Berufung der Klägerin.
StVO oder § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Insofern spreche gegen ihn
ein Anscheinsbeweis. Hinzukomme ein Verstoß der Sorgfaltspflicht
beim Ausfahren aus einem Grundstück gemäß § 10 StVO.
Erkennbarkeit einer Rückwärtsfahrt begründet besondere Vorsicht
Dem Beklagten sei nach Ansicht des Landgerichts ein leichter
Sorgfaltsverstoß anzulasten. Aufgrund dessen, dass er die Rück-
wärtsfahrt des Klägers erkannt hatte, hätte es nahegelegen, das
Klägerfahrzeug weiter zu beobachten, um bei dessen Zurücksetzen
notfalls sofort anhalten zu können. Dies habe der Beklagte ver-
säumt, was eine Mithaftung von 20 % begründe.
(Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 20.01.2023 – 13 S 60 ⁄ 22)
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