Page 16 - Taxikurier Mai 2023
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mitglied oder nicht, sich gut aufgehoben
fühlt. Berührungsängste kennt dieser
Pfarrer nicht. Das Thema „Schöpfung“ soll
damit wieder ins Bewusstsein der Menschen
kommen.
Jeder Mensch und jedes Tier wird ge-
segnet. Dabei heißt es, dem Individuum
mit dem Segen zu vermitteln, dass es
etwas ganz Beson deres ist.
Pfarrer Schießler geht zum Leidwesen
an derer Kirchenvertreter mit dem Segnen
großzügig um. Gerade aus diesem Verständ-
nis heraus, dass der Segen für den Geseg-
neten die Besonderheit vor Gott ausdrückt,
scheut er sich nicht, diesen Segen auch
Menschen zu spenden, die nicht ins katholi-
sche Weltbild zu passen scheinen. Genauso
wie im Taxigeschäft ist er der Meinung, dass
Jammern keinen Schritt weiterbringt. Das
Wichtigste für ihn ist, wie er selbst sagt,
sich etwas einfallen zu lassen, innovativ
zu sein und sich auch auf Qualitäten zu be-
sinnen, auf die Menschen zuzugehen und
sich ihrer Probleme anzunehmen.
Dieses Wissen hat ihm auch in seinen zehn
Jahren als Wies’n-Bedienung stets geholfen.
Er hat seinen Kollegen und Kolleginnen
Schulungen gegeben. Dabei stand stets der
respektvolle und höfliche Umgang mit dem
Gegenüber im Vordergrund. Das verdiente
Geld spendete er der Lotti Latrous Stiftung,
die ein Haus für Aidskranke Jugendliche in
Abidjan unterhält. Für ihn war diese Zeit
der Wies´n immer wichtig, um mit den Men-
schen ins Gespräch zu kommen. Besonders
bedauert er die Tendenz, dass viele nur
noch auf sich selber schauen und der Egois-
mus immer breiteren Raum einnimmt.
Der Beruf des Taxifahrers, das betont Pfarrer
Schießler, war immer ein angesehener und
ehrenwerter Beruf, sein Taxi gepflegt, als
Ausdruck seiner Wertschätzung dem Fahr- stand und haben Kirchenvertreter erleben Schein für ihn, seine „gelbe Greencard“, wie
gast gegenüber. Er bedauert es sehr, dass müssen, die begeistert den Hitlergruß er selbst sagt. Dieser gelbe Schein ist seine
diese Berufsehre heute nicht mehr selbst- machten. Diese Kirche ist auch mir anver- Sicherheit, egal was kommt, er kann immer
verständlich ist. Aber scheinbar gibt es traut und deshalb kann ich nicht einfach noch in einem anderen ehrenwerten Beruf
auch hier wieder Parallelen zwischen Pfarrer gehen.“ arbeiten. Seine Hochachtung galt immer
und Taxlern. den alten Taxlern, die diese Berufsehre
Immer noch überzeugt von der Qualität der hochgehalten haben, was auch schon an
Auf die Probleme in der katholischen Kirche Münchner Taxler, steigt er bewusst nie in ihren Fahrzeugen und der Bekleidung sicht-
angesprochen, gibt er ein klares Statement ein Uberfahrzeug. Wenn er in ein Taxi ein- bar war.
ab: „Davonlaufen gilt nicht. Das ist meine steigt, erwartet er einen Taxifahrer, der gut
Kirche und ich bin dafür verantwortlich. ausgebildet ist, seinen Beruf liebt und für Vielleicht haben wir das Glück, dass Pfarrer
Jetzt weg zu gehen, wo sie so darnieder- die Sache brennt. Schießler irgendwann einmal Lust hat, sei-
liegt, ist in meinen Augen der falsche Weg. ner alten Leidenschaft zu frönen und bei
Meine Eltern haben bei meiner Taufe um Bis heute hat Rainer Maria Schießler seinen einem unserer Unternehmer Taxi fährt. Si-
meine Aufnahme in diese Kirche gebeten, Taxischein behalten und immer wieder er- cherlich ist die Liste der Unternehmer, die
obwohl sie auch enttäuscht wurden von neuert. Obwohl er jetzt schon viele Jahre ihn sofort anstellen würden, sehr sehr lang.
dieser Kirche. Sie waren beide im Wider- nicht Taxi gefahren ist, ist dieser gelbe
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