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STADTKUNDE MÜNCHEN
➔ SPUREN IM STADTBILD
Von Benedikt Weyerer
König Ludwig I. (1786–1868) stellte den folgenden bescheidenen Anspruch an sich selbst: „Ich, ich der König,
bin die Kunst von München.“ Er wollte München zur deutschen Hauptstadt der Künste machen, was ihm bekanntlich
auch gelang, und dafür brauchte er Architekten, die in seinem Sinne arbeiteten. Berühmt ist sein Ausspruch:
„Ich will aus München eine Stadt machen, die Teutschland so zur Ehre gereichen soll, daß keiner Teutschland kennt,
wenn er nicht München gesehen hat.“ Die Ludwigstraße ist Ausdruck dieses Bestrebens, ihre Benennung
am 8. August 1822 ein Geschenk des damaligen Kronprinzen an sich selbst anlässlich seines 26. Geburtstages.
Die Architekten Leo von Klenze Mitglied in die französische Académie des Sex-Reisen mit angeschlossenen Studien der
und Friedrich von Gärtner Beaux-Arts aufgenommen, 1852 mit der dortigen antiken Architektur nach Italien
britischen Royal Gold Medal ausgezeichnet. und Griechenland begleiten, beispielsweise
Im Jahr 1861 nahm der preußische König 1824 nach Rom. Der Maler Franz Catel
Leo von Klenze Wilhelm I. (1797–1888, Wilhelmstraße von (1778–1856) hat eine solche Szene in sei-
1893) Klenze in den preußischen Orden nem Gemälde „Kronprinz Ludwig in der Spa-
Karl Graf von Pour le Mérite für Wissenschaften und nischen Weinschänke zu Rom“ 1824 festge-
Rambaldi (1842– Künste auf, 1862 schließlich verlieh ihm halten. Klenze war als Architekt untrennbar
1922, Rambal- die Stadt München die Ehrenbürgerwürde. mit Ludwig verknüpft, er wurde mit und
distraße von Klenze starb 1864 zwar wohlhabend, aber durch den Kronprinzen groß, litt aber unter
1930) schreibt zurückgezogen, verbittert und bereits zu dessen wechselnden Gunstbeweisen und
in seinem 1894 Lebzeiten weitgehend vergessen. Er liegt schwankenden Kunstauffassungen. Aber er
erschienenen auf dem Alten Südlichen Friedhof an der war nur nach außen hin der willfähriger
Buch „Die Mün- Thalkirchner Straße 17 begraben, seine Hofkünstler: Ludwigs künstlerischer Un-
chener Straßen- Büste steht in der von ihm geplanten verstand und sein flatterhaftes Kunst-
namen und ihre Ruhmeshalle. empfinden erlaubten es Klenze, durch
Erklärung“ über geschicktes Taktieren und Argumentieren
die Klenzestra- Ludwig immer wieder in seine Richtung zu
ße: „Diese Straße soll den Namen eines um Ludwig I. und Klenze lenken. Darüber hinaus hatte Klenze als
München viel verdienten Architekten in Er- Hofbaumeister schon lange vor seinen Kon-
innerung halten, nämlich des königlichen Klenze erhielt – allein durch die Gunst des kurrenten Kenntnis von den Plänen Ludwigs,
Hofbau-Intendanten Leo von Klenze. Er Kronprinzen Ludwig – die höchsten Positio- zudem kannte Klenze die Vorstellungen
wurde als der Sohn eines hannoveranischen nen im bayerischen Bauwesen. Dieser Auf- Ludwigs und genoss während der laufenden
Gerichtsbeamten auf dem Gute seines Va- stieg erfolgte allerdings mit Brachialgewalt, Ausschreibungen den weiteren Vorteil, Ein-
ters im Fürstentume Hildesheim am 29. Fe- Konkurrenten wurden rücksichtslos ausge- blick in die eingehenden Entwürfe seiner
bruar 1784 geboren und ist am 27. Januar schaltet und der ungeliebte Ausländer aus Konkurrenten zu haben. Auf alle Fälle ent-
1864 zu München als Hofbauintendant, dem Norden, der sich selbst nie in München standen unter Klenzes Leitung Werke aus ei-
Oberbaurat und Vorstand der Oberbaube- wohlfühlte, avancierte zum bestgehassten nem Guss, für die Bayern und insbesondere
hörde im Ministerium des Innern gestor- Mann der Residenz, dem jeder architektoni- München bis heute bekannt sind. Als Ludwig
ben. Nach vorausgegangenen Studien in scher Fehler in der Öffentlichkeit hämisch 1825 den Thron bestieg, setzte er sein Pro-
Braunschweig und Berlin und nach wissen- vorgeworfen wurde. Von 1816 bis 1825 war gramm der Selbstdarstellung seiner Herr-
schaftlichen Reisen nach Frankreich, Eng- Klenze der Favorit des Kronprinzen. Er er- schaft durch Kunst und Architektur mit allen
land und Italien erhielt er 1815 auf Veran- hielt praktisch alle öffentlichen Bauaufträge Mitteln um. Aber bereits mit der Thronbe-
lassung des damaligen Kronprinzen Ludwig im gesamten Königreich Bayern. Aber der steigung verlor Klenze seine Monopolstel-
von Bayern einen Ruf als Hofbaurat nach Preis, den der extrem vielbeschäftigte Klenze lung als architektonischer Liebling und all-
München, das er mit so vielen Prachtbau- dafür zahlte, war hoch, denn er hing völlig mählich wurde ihm Friedrich von Gärtner
ten schmückte. Seine Reisen zur Leitung vom Kronprinzen ab. Ebenso chaotisch und vorgezogen (1792–1847). Mit der Abdan-
auswärtiger Bauten abgerechnet, weilte willkürlich wie bei seinen ewigen Frauenge- kung Ludwigs im Jahr 1848 geriet er voll-
Klenze immer in München.“ Hinzuzufügen schichten, schwankte Ludwig auch in Fragen ends ins Abseits, denn Ludwigs Sohn und
wäre noch, dass Leo Klenze 1822 in den der Architektur unberechenbar hin und her. Nachfolger Maximilian II. (1811–1864,
persönlichen und 1833 in den erblichen Ob er wollte oder nicht, musste Klenze, der Maximilianstraße von 1858) bevorzugte den
bayerischen Adelsstand erhoben wurde. getreue Ehemann und sorgende Vater, sei- Architekten Friedrich Bürklein (1813–1872,
Im Jahr 1841 wurde er als auswärtiges nen Herrn und Gönner zu dessen Sauf- und Bürkleinstraße von 1888).
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