Page 17 - Taxikurier November 2020
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Die antiken Griechen bevorzugten Särge Verbrecher wurden unweit der Hinrich-
aus Kalkstein, sogenannte „sarkophagos“, tungsstätte einfach verscharrt.
was „Fleischfresser“ bedeutet. Der Kalk-
stein förderte die Verwesung. Der Begriff In Notzeiten wurde deutlich, wie die Kultur
ist bis heute in unserer Sprache erhalten und Sozialisation auf der Strecke blieben.
geblieben: Aus „sarkophagos“ wurde Bei Pestausbrüchen, großen Kriegen wie
„Sarkophag“ und später „Sarg“. dem 30-jährigen Krieg oder dem Bauern-
krieg, Hungersnöten oder auch Naturkatas-
Neben den Erdbestattungen hat es auch trophen wurden die Toten, wenn über-
in grauer Vorzeit schon Feuerbestattungen haupt, oft in Massengräbern verscharrt.
gegeben. In Indien hat sich diese Bestat-
tungsform bis heute erhalten. Aber auch in Bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahr-
Mitteleuropa haben in der Bronzezeit ger- hunderts starben die meisten Menschen zu
manische Stämme Leichenverbrennungen Hause. Sie wurden auf den Friedhöfen in
durchgeführt. Nachdem der Scheiterhaufen einfachen Holzsärgen beerdigt. Regional
abgebrannt war, wurden die Knochen und sehr unterschiedlich entwickelte sich die
die Asche gesammelt und mit kleinen Grab- Gestaltung der Gräber. In Süddeutschland
beigaben in Urnen aus Ton begraben. kann man bis heute die reich verzierten
Auch bedeutende Künstler und Wissen-
schaftler wurden mit besonderen Orten der
Grablegung geehrt. So wurde z. B. Johann
Sebastian Bach in der Thomaskirche zu
Leipzig unter dem Altar zur letzten Ruhe
gebettet. Als die gestiegene Lebenserwar-
tung die Einwohnerzahlen wachsen ließen,
wurde der Platz auf den Friedhöfen immer
geringer. So ging man dazu über, die Grä-
ber mehrfach zu nutzen. Dabei kamen im-
mer mehr Gebeine zu tage, die einen Platz
finden mussten. So entstanden die soge-
nannten Beinhäuser. Noch heute kann man
in Europa viele dieser Ossarien bestaunen.
So wurden Kapellen zum Teil kunstvoll mit
den tausenden aufgeschichteten Knochen
dekoriert. In Griechenland werden in man-
Im Laufe der Geschichte veränderte chen Gegenden heute noch nach 20 bis 40
sich die Bestattungskultur weltweit Jahren die Knochen exhumiert und in Bein-
häuser verbracht, um Platz für Verstorbene
Mit der Christianisierung Europas setzte Grabkreuze aus Metall oder Holz finden. zu schaffen.
sich bis in die Neuzeit die Erdbestattung In Friesland findet man Grabkreuze aus
durch. Die Verstorbenen wurden von den Walknochen. Da Grabsteine, die schon bei
Angehörigen gewaschen und angekleidet Griechen und Römern bekannt waren, meist Bedeutung und Ausdruck
und zu Hause in einem einfachen Holzsarg aus Granit gefertigt wurden und daher sehr
aufgebahrt. So konnten Freunde und Ver- teuer waren, blieben diese nur dem Adel, Mit der Zeit der Aufklärung und der franzö-
wandte Abschied nehmen. Am Tag der Bei- dem hohen Klerus und seit Beginn der Neu- sischen Revolution begann das aufstreben-
setzung wurde dann von den Angehörigen zeit auch dem aufstrebenden Bürgertum de Bürgertum auch auf den Friedhöfen
der Sarg zur Bestattung auf den Friedhof, vorbehalten. Noch heute findet man in Kir- seiner neuen Bedeutung Ausdruck zu ver-
der meist rund um die Kirche angelegt war, chen und Klöstern Grabsteine- und Platten, leihen. Monumentale Gruften und Denk-
gebracht. Auch die Aushebung des Grabes die viele hundert Jahre alt sind. Da die mäler entstanden auf den europäischen
selbst erfolgte durch die Familie. Nur in Menschen glaubten, je näher sich das Grab Friedhöfen. Zwei Beispiele seien an dieser
den sich entwickelnden größeren Städten am Altar der Kirche befand, desto sicherer Stelle genannt. Zum einen der Pariser
wurde durch städtische Totengräber diese war die Aufnahme der Seele des Verstorbe- Friedhof Montmartre, wo z. B. Heinrich Hei-
Arbeit ausgeführt. Da die Friedhöfe aus- nen in den Himmel, wurden viele Herrscher, ne begraben wurde, und zum anderen der
schließlich an die Kirchen angeschlossen Fürstbischöfe und andere neben oder auch Wiener Zentralfriedhof. Dieser wurde 1874
waren, war es nur christlichen Familien er- unter den Altären der Kirchen begraben. eröffnet und zählt mit einer Fläche von
laubt, ihre Toten dort zu beerdigen. Dies Daher auch der Brauch, dass z.B. Bischöfe fast zweieinhalb Quadratkilometern und
auch nur, wenn der Verstorbene sich nicht in einer Gruft unterhalb der Dome ihres rund 330.000 Grabstellen mit rund drei Mil-
einer Todsünde schuldig gemacht hatte. Bischofssitzes bis heute ihre letzte Ruhe lionen Verstorbenen zu den größten Fried-
Das war auch der Grund, warum verurteilte finden. Das Gleiche gilt für Angehörige hofsanlagen Europas. Er wurde im Laufe
und hingerichtete Verbrecher oder solche, bedeutender Herrscherhäuser. So ist seiner Geschichte insgesamt sieben Mal er-
die man dafür hielt und Selbstmörder nicht St. Michael in München die Grablege der weitert, zuletzt 1921. Zum Zeitpunkt seiner
auf dem Friedhof beerdigt werden durften. Wittelsbacher. Eröffnung galt er als größter Europas. ➔
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