Page 16 - Taxikurier Mai 2020
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SONDERTHEMA
FAKTENCHECK
➔ WAS UNSERE MITGLIEDER BEWEGT
Wir wollen hier die häufigsten Fragen aus den vergangenen Wochen für Sie alle plausibel beantworten:
Besteht weiterhin eine Betriebspflicht? Darf man Fahrten aus Gründen des Ansteckungs -
potentials ablehnen?
➔ Taxen müssen immer fahren – auch zu Zeiten von Corona!
Kurz gesagt: Nein! Eine besondere Bedeutung hinsichtlich der
Drei wichtige Regeln gelten für das Taxi-Gewerbe: Neben der Daseinsvorsorge kommt der Beförderungspflicht zu. Nach § 22 des
Betriebspflicht, die diese ständige Verfügbarkeit festlegt, sind Personenbeförderungsgesetztes (PBefG) ist folgendes geregelt:
das die Tarif- und die Beförderungspflicht.
„Der Unternehmer ist zur Beförderung verpflichtet, wenn
Das Personenbeförderungsgesetz schreibt dem Unternehmer in
§ 21 vor, seinen Betrieb ordnungsgemäß aufzunehmen und dann 1. die Beförderungsbedingungen eingehalten werden,
für die Geltungsdauer nach den Bedürfnissen des Verkehrs und 2. die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförde-
dem Stande der Technik ordnungsgemäß aufrechtzuerhalten. rungsmitteln möglich ist und
Natürlich müssen sich die Fahrzeuge in ordentlichem und vor 3. die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der
allem verkehrssicherem Zustand befinden. Der Gesetzgeber will Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhel-
so sicherstellen, dass der öffentliche Verkehr ohne Beeinträchti- fen kann.“
gungen stattfindet. Daher müssen die mit einer Genehmigung
ausgestatteten Taxi-Unternehmer ihr Geschäft auch tatsächlich In § 61 steht außerdem, dass eine Zuwiderhandlung eine
ausüben. Ordnungswidrigkeit ist und theoretisch mit bis zu 10.000 Euro
geahndet werden kann.
Die weitere Konkretisierung der Betriebspflicht erfolgt dann in
den Gebietskörperschaften (Landkreise, kreisfreie Städte und Also – man darf eine Fahrt nicht grundlos bzw. wegen einer
größere Gemeinden) durch behördlich festgelegte Dienstpläne allgemeinen Ansteckungsgefahr ablehnen. Gründe für eine Ableh-
und Bereitstellungszeiten. Zugleich enthalten die lokalen Taxi- nung sind:
ordnungen entsprechende Vorgaben (§ 47 Absatz 3 PBefG).
In bestimmten Fällen darf ein Taxifahrer die Mitnahme von
Fahrgästen zum eigenen Schutz und dem der anderen Personen
Wie kann ich mich von der Betriebspflicht befreien lassen? ablehnen (Gefahr für Leib und Leben). Zum Beispiel:
Betriebspflichtbefreiungen aufgrund der Corona Epidemie können ➔ stark betrunkene, aggressive oder unter Drogen stehende
mittlerweile formlos für einen Befreiungszeitraum von bis zu drei Fahrgäste
Monaten beim Kreisverwaltungsreferat gestellt werden. Die An- ➔ stark verschmutzte oder sogar blutende Fahrgäste
tragsteller erhalten vom KVR einen kostenfreien Befreiungsbe- ➔ rauchende Fahrgäste
scheid und sind nicht verpflichtet, etwaige Nachweise vorzule- ➔ Verweigerung der Gurtpflicht durch den Fahrgast
gen. Im Falle einer Betriebsprüfung dient dieser Bescheid zudem ➔ wenn der Gast nicht zahlen kann
als Nachweis über die Befreiung. Bitte senden Sie Ihre Betriebs-
pflichtbefreiung auch an Frau Reich per Mail: Nicht in jeder betrunkenen Person besteht die Gefahr einer
reich@taxi-muenchen.de F ahrzeugverschmutzung durch mögliches Erbrechen, so stellt in
Corona-Zeiten nicht jede Person eine konkrete Gefahr für Leib
und Leben des Fahrers (durch Infektion mit dem Virus) dar –
Wiedererteilungen im Corona-Zeitraum selbst dann nicht, wenn sie kürzlich in einem betroffenen Gebiet
gewesen sein oder z.B. aus China stammen sollte.
Unternehmen, die im Monat März zur Wiedererteilung fällig sind,
erhalten die Unterlagen (Bescheid und Urkunden) vom KVR pos- Insofern ist es wichtig, Hygienemaßnahmen zur Minimierung des
talisch. Es entfällt somit die persönliche Vorsprache. Diese Rege- Ansteckungsrisikos einzuhalten. Vor allem, da das Taxigewerbe
lung bezieht sich auf vollständige Anträge. Das KVR geht davon eine zunehmende Rolle bei der Versorgung von Risikopersonen
aus, dass die Unternehmer*innen die „alten Genehmigungsurkun- und von Quarantäne Betroffenen spielt, etwa durch Einkaufs-
den“ unaufgefordert postalisch zukommen lassen. oder Besorgungsfahrten.
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