Page 9 - Taxikurier Dezember 2022
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VERKEHRSRECHT
BETRIEB EINES TAXIUNTERNEHMENS
recht kompakt
GLEICH AN MEHREREN ORTEN
Eines der Mysterien des Taxirechts ist der Die Genehmigungsbehörden sollten in einem solchen Fall meh-
Taxibetrieb an mehreren Orten durch ein- und rerer eigenständiger Betriebssitze zwingend die Möglichkeit
dasselbe Unternehmen. Geht das überhaupt? der Betriebsverordnung nutzen. Deren Regelung gibt auf, dass
Die Antwort lautet: das kommt darauf an! der Unternehmer an dem weiteren Betriebssitz einen dort auch
ansässigen Vertreter bestellt, sodass jederzeit an allen Be-
Gleich am Anfang sei deutlich herausgestellt, was nicht geht: triebsorten entweder der Unternehmer oder verantwortliche
Von einem Betriebssitz aus dürfen nicht verschiedene Orte be- Personen vorhanden sind. Diese Vertreter müssen zwingend
dient werden. Das widerspricht der gesetzgeberischen Bindung personenbeförderungsrechtlich zuverlässig sein und auch die
des Taxenverkehrs an den Ort des Betriebssitzes. Das führt erforderliche (Unternehmer-)Fachkunde besitzen. Wegen der
so weit, dass dann, wenn ein Mehrwagenunternehmer seinen Notwendigkeit der Ansässigkeit im Ort des jeweiligen Betriebs-
Taxenverkehr mit einem erheblichen Teil der Fahrzeuge nicht sitzes ist es dem Vertreter auch nur erlaubt, an einem Be-
mehr in der Gemeinde des bisherigen Betriebssitzes, sondern triebssitz diese Tätigkeit auszuüben.
in der eines neu gegründeten Betriebssitzes ausübt, die für
den bisherigen Betriebssitz erteilten Genehmigungen per Ge- Wo steht’s im Gesetz?
setz sofort und ohne weiteres erlöschen. § 26 Nummer 2 PBefG hinsichtlich des Erlöschens der
Genehmigung bei Betriebssitzverlegung; § 5 BOKraft zur
Wenn das Unternehmen – auch als Einzelunternehmer, es Vertreterbestellung
kommt also nicht auf die Errichtung einer Gesellschaftsform
an – aber mehrere selbstständige Betriebssitze einrichtet,
widerspricht das bei sorgfältiger Einhaltung gewisser Vorgaben
keineswegs dem Personenbeförderungsrecht. Also Obacht für
den Kernsatz: Wenn ein (Mehrwagen-)Taxiunternehmer in ver-
schiedenen Gemeinden eigenständige Betriebssitze bildet, darf
er an jedem der Orte nur streng voneinander separierte Taxen-
genehmigungen betreiben. Keinesfalls darf das Unternehmen
die Taxen nach Belieben in der einen wie der anderen Betriebs-
sitzgemeinde einsetzen, sondern die in der jeweiligen Be-
triebssitzgemeinde genehmigten Taxen dürfen grundsätzlich
auch nur im Zulassungsbezirk bereitgehalten und eingesetzt
werden. Ein Unternehmen kann also durchaus ortsverschiedene
Betriebssitze einrichten, wobei dann aber dort jeweils Geneh-
migungen eingeholt worden sein müssen und diese darauf
bezogenen Fahrzeuge sich auch nur in diesen Betriebssitzge-
meinden bereithalten dürfen. Ein „bedarfsbezogener“ Einsatz,
der dem alleinigen Willen des Unternehmers obliegt, ist mit Der Autor:
dem Gesetz nicht vereinbar. Zum einen gilt dies unter dem Ge- Rechtsanwalt Thomas Grätz
sichtspunkt des Interesses der Öffentlichkeit an einem örtlich ist seit über 30 Jahren mit
funktionierenden Taxigewerbe. Darüber hinaus setzt auch die Personenbeförderungsrecht
reibungslose und sachgemäße Erfüllung der behördlichen Ge- befasst und war Geschäftsführer
nehmigungs- und Überwachungsaufgaben voraus, dass das vom damaligen Taxi-Bundes-
Unternehmen im Zuständigkeitsbezirk der jeweiligen Genehmi- verband BZP. Bekannt ist auch
gungsbehörde auch tatsächlich geschäftlich tätig ist. sein PBefG- Standardwerk
„Fielitz ⁄ Grätz“.
Wegen letzteren Gesichtspunktes ist zu verlangen, dass an
jedem der Betriebssitze die Unterlagen zu führen sind, die der
zuständigen Genehmigungsbehörde die jederzeitige Aufsicht
über das Unternehmen ermöglicht. Daraus ergibt sich, dass
auch jeder der Betriebssitze zu den üblichen Bürozeiten perso-
nell besetzt und telefonisch erreichbar sein muss.
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