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STADTKUNDE MÜNCHEN
➔ TRUDERING – VOM DORF ZUM STADTTEIL
In den Urkunden taucht der Name Truchteringa zum ersten Mal im Jahr 772 auf, also fast 400 Jahre vor der
Erhebung Münchens zur Stadt im Jahr 1158 – ähnlich den meisten eingemeindeten Dörfern. Der Truchthari-Anger,
benannt am 22. Juni 1933, bezieht sich darauf mit der Erklärung: „Alte Bezeichnung für die Sippe, von der
der Name Trudering abgeleitet wurde.“
Der Anführer dieser Sippe hieß Truchtaro fand sich um die Pfarrkirche Sankt Peter November 1918 war dieses Verbot aber
und man siedelte sich um das Jahr 500 in und Paul. Karotschstraße, Kilihofstraße, nicht mehr aktuell und es entstand 1920
dieser Gegend an. Der Familienverband ge- Schmuckerweg sowie Windbauerstraße hal- die Michaeliburgstraße in Berg am Laim.
hörte dem Volk der Bajuwaren an, woran ten die Namen von Bauernhöfen in der Er- Der Name „Waldtrudering“ erschien erstma-
die Bajuwarenstraße vom 22. Juni 1933 er- innerung wach. Strasstrudering lag an der lig 1911. Die Besiedlung begann bereits
innert; davor hieß sie Perlacher Straße. So Kreuzung der Wasserburger Landstraße mit 1903 mit Wochenendhäusern. Der Verein
um 1080 schenkte die adlige Besitzerin, der Bajuwarenstraße. Nach dortigen Höfen „Freie Interessen-Vereinigung Waldtrude-
Uta, ihren 190 Hektar umfassenden Grund- sind benannt Bognerhofweg, Haferhofweg, ring“ stellte im Jahr 1911 bei der Gemein-
besitz der Kirche Sankt Peter und Paul, de- Hanslbauerstraße, Kurzhuberstraße, Rothu- deverwaltung den Antrag, der Kolonie aus
ren Vorgängerbau anstelle der heutigen Kir- berweg und Scharerweg. Die überörtlichen 20 Häusern, die in den vergangenen Jahren
che an der Kirchtruderinger Straße 2 stand Straßen von Strasstrudering aus waren die um das Gasthaus „Phantasie“ herum ent-
– umbenannt am 22. Juni 1933, davor hieß Wasserburger Landstraße, die Perlacher standen waren, offiziell den Namen „Wald-
sie lediglich Kirchstraße. Der Grund für Straße (seit 22. Juni 1933 Bajuwarenstra- trudering“ zu geben. Die bei der Eingemein-
Utas Großherzigkeit soll ein Akt der Rache ße), die Münchner Straße (Truderinger dung 1932 übernommene Phantasiestraße
an ihrem bösartigen Ehemann gewesen Straße seit 1933 aus Berg am Laim verlän- erinnert an die Lokalität. Der Gemeinderat
sein. Daran erinnert die bei der Eingemein- gert) sowie die Berg-am-Laim-Straße (seit Trudering lehnte dieses Ansinnen 1911 ab,
dung übernommene Frau-von-Uta-Straße 1933 Kreillerstraße). Von Kirchtrudering aber 1937 traf dann die ersehnte Genehmi-
mit der Erläuterung: „Nach der sagenhaften aus führten das Daglfinger Straßl (seit gung ein. Die Waldtruderinger Straße wurde
Frau von Uta, die in Trudering gelebt haben 1933 Brukenthalstraße), die Riemer Straße 1932 übernommen, obwohl der Name offi-
soll, und der als Wohltäterin der Gemeinde (seit 1933 Leonhardiweg), der Gronsdorfer ziell noch gar nicht existierte. Die Anfänge
noch heute gedacht wird.“ An der Waldtru- Kirchweg (seit 1933 Emplstraße) sowie der der „Gartenstadt Trudering“ liegen im Jahr
deringer Straße 60 steht außerdem der Zamdorfer Weg (seit 1933 Heltauer Straße) 1917, als Grundstücke parzelliert und an
denkmalgeschützte Uta-Brunnen, aufge- zu den entsprechenden Örtlichkeiten. Siedler verkauft wurden. Eine „Interessen-
stellt im Jahr 1914. Die Kirche verpachtete Vereinigung Gartenstadt Trudering“ gab
den Grund und Boden an Bauern, die wie- es bereits im Jahr 1919. Die Gartenstadt
derum der Kirche Abgaben leisten mussten. Vorstädtische Bebauung wurde im Süden von der Zehentfeldstraße
und im Osten von der Friedenspromenade
An der Bahnlinie von München nach Rosen- begrenzt. Im Norden reichte sie damals
Gemeindebildung 1818 heim ging am 15. Oktober 1871 der Bahn- bis zur Himalaya- und Vogesenstraße. Die
hof Trudering in Betrieb und dieser Ver- Gartenstadtstraße wurde 1932 übernom-
Nach der Erhebung Bayerns vom Kurfürs- kehrsanschluss führte zu einer schnellen men. Ebenfalls 1919 schlossen sich sieben
tentum zum Königreich am 1. Januar 1806 Siedlungsentwicklung im damals weit öst- Siedler zur „Freien Interessen-Vereinigung
wurde die Organisation des neuen Staates lich der Stadt liegenden Gebiet. Der Sam- Neu-Trudering“ zusammen. Der Bau ihrer
effektiver gestaltet, indem das Gemein- melbegriff „Trudering“ bürgerte sich seit- Siedlung begann zu beiden Seiten der
deedikt vom 17. Mai 1818 eine beschränk- dem ein und umfasste außer Kirch- und Solalindenstraße. Die „Truderinger Grenz-
te Selbstverwaltung der Gemeinden unter Strasstrudering eine Reihe von Ansiedlun- kolonie“ trägt ihren Name von der Lage
Aufsicht der Regierung von Oberbayern gen. Es begann mit der „Michaeliburg“, an der Stadtgrenze im Truderinger Wald.
brachte – ähnlich der heutigen Kompetenz- erstmals in den städtischen Unterlagen am Die Kolonie entstand um 1930 aus illegal
verteilung. Nun gab es örtliche Gemeinde- 16. Mai 1906 genannt. Die Bewohner muss- errichteten Gartenhäusern, die später
vorsteher und Gemeinderäte, begrenzt zu- ten sich 1906 allerdings durch Unterschrift von den Münchner Behörden genehmigt
ständig für die Finanzen, die Zulassung von verpflichten, den Namen nicht mehr zu wurden. Der Name der Siedlung „Am
Gewerbe, das Volksschul- und Kirchenwesen verwenden, weil er unberechtigterweise Moosfeld“ bezieht sich auf eine alte
oder die Ortspolizei. Das heutige Trudering geführt wurde, denn neue Ortsnamen be- Flurbezeichnung, die seit dem 22. Juni
bestand damals aus Kirch- und Strasstrude- durften der königlichen Genehmigung. 1933 auch als Straßenname verwendet
ring. Der Ortskern von Kirchtrudering be- Nach dem Ende des Königreiches Bayern im wird.
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