Page 13 - Taxikurier August 2022
P. 13
VERKEHRSRECHT
DIE NEUE VERKEHRSFORM:
GEBÜNDELTER BEDARFSVERKEHR
recht kompakt
(TEIL 2)
Mindestentgelt und Bündelungsquote – die besonderen überörtliche Sammelverkehre ausgeweitet werden. Die Bünde-
Pflichten des gebündelten Bedarfsverkehrs lungsquote ist eine Quote für den in einem bestimmten Zeitraum
zu erreichenden Anteil an gebündelten Fahrten innerhalb des
Im Teil I wurde dargestellt, dass die neuartige Verkehrsform Bediengebietes. Es geht also exakt um das Verhältnis der zurück-
gebündelter Bedarfsverkehr ein privat zu betreibender, be- gelegten Personenkilometer zu den zurückgelegten Fahrzeugkilo-
darfsgesteuerter Sammelverkehr ist, der wegen seiner Nähe metern. Im Ermessen von Genehmigungsbehörde und Aufgaben-
zum ÖPNV und Taxiverkehr vom Gesetzgeber einer Anzahl von träger liegt es, welche Bündelungsquote letztlich von ihnen
Beschränkungen unterworfen worden ist. Auf die Einzelheiten festgelegt wird und dies hängt v.a. auch von Parametern wie
dazu, insbesondere das obligatorische Mindestentgelt und die Größe des Bediengebietes im Verhältnis zur Einwohnerdichte ab.
Bündelungsquote, kommen wir hier im Teil II. Um aber im Sinne der gesetzgeberischen Intention den Sammel-
verkehr deutlich von den zielgerichteten individuellen Verkehren
Die Genehmigungsbehörde muss also zwingend im Wege einer wie Taxibeförderungen abzugrenzen, sollte als Leitgröße im
Nebenbestimmung („Auflage“) zur Genehmigung des gebündelten Regelfall schon eine Bündelungsquote von 1,5 überschritten
Bedarfsverkehrs ein Mindestbeförderungsentgelt festsetzen. werden; will heißen, dass pro km Wegstrecke durchschnittlich
Damit unterliegt der gebündelte Bedarfsverkehr einer einge- mindestens ein Besetzungsgrad von 1,5 Personen erreicht wird.
schränkten Tarifpflicht. Dieses festzusetzende Mindestbeförde-
rungsentgelt muss einen hinreichenden Abstand zu den Beförde- Bei Nichterreichen der Bündelung wäre das hauptsächliche Unter-
rungsentgelten des jeweiligen öffentlichen Personennahverkehrs scheidungsmerkmal zum Taxen- und Mietwagenverkehren nicht
haben. Als Faustregel gilt, dass das Entgelt für den bedarfsge- erfüllt, damit das ausgewogene Gleichgewicht der bereits beste-
steuerten Poolingverkehr mindestens 1,5- bis 2-fach über den henden Verkehrsformen im Bediengebiet gefährdet. Wird die fest-
Preisen des Linienverkehrs auf einer vergleichbaren Strecke liegen gelegte Bündelungsquote durch den genehmigten gebündelten
muss. Zudem sollte die Behörde durch die Auferlegung von Be- Bedarfsverkehr nicht eingehalten, besteht deshalb für die Geneh-
richtspflichten für die Unternehmer des gebündelten Bedarfsver- migungsbehörde die Möglichkeit, die erteilte Genehmigung zu
kehrs, Unternehmensbefragungen bei den ÖPNV- und Taxenbe- widerrufen. Sie kann auch mit einer Kontingentierung reagieren,
trieben sowie auch Auswertung der Mobilitätsdaten kontrollieren, also die Zahl der Fahrzeuge einschränken, wenn die Verkehrs-
dass keine Beeinträchtigung des ÖPNV und des Taxenverkehrs effizienz durch zu viele Poolingfahrzeuge beeinträchtigt wird.
durch ein zu attraktives und damit fahrgastentziehendes Angebot
des gebündelten Bedarfsverkehrs entsteht. Es steht der Genehmi- Aber noch nicht genug der kommunalen Steuerungselemente:
gungsbehörde frei, in diesem Fall dann durch entsprechende Neu- Die Behörde kann Einzelheiten zur Rückkehrpflicht und den
festsetzung des Mindestbeförderungsentgeltes zu reagieren. Abstellorten regeln sowie Barrierefreiheit und Emissions- und
sogar Sozialstandards (Arbeitszeiten, Entlohnung und Pausen)
Neben dem Mindestbeförderungsentgelt kann die Genehmigungs- vorgeben.
behörde, insbesondere wenn sie Rosinenpickerei vermutet, auch
ein Höchstbeförderungsentgelt auferlegen. Das Gesetz fordert Fazit: Man kann dem Gesetzgeber sicher nicht den Vorwurf
weiter ein gleichmäßiges Anwenden der Entgelte, d.h. von dem machen, dass er zu wenige Schutzmechanismen für Taxi und ÖPNV
Pooling-Unternehmer wird verlangt, dass er bei vergleichbaren insgesamt entwickelt hat – ob diese hinsichtlich des gebündelten
Beförderungsstrecken keine Preisdifferenzierungen bei verschie- Bedarfsverkehrs auch klug angewendet werden, das liegt letzten
denen Fahrgästen vornehmen darf. Damit sind auch werbliche Endes in den Händen der Kommunen.
Rabattaktionen nicht erlaubt, jedenfalls dann nicht, wenn das
festgelegte Mindestbeförderungsentgelt unterschritten würde. Wo steht’s im Gesetz?
§ 50 PBefG; hinsichtlich Entgeltregelungen § 51a PBefG
Grundsätzlich gilt, dass der Bedarfsverkehr nur im Gebiet der
Gemeinde des Unternehmerbetriebssitzes angeboten werden darf;
nur dann, wenn andere Gemeinden und der zuständige ÖPNV-Auf- Der Autor: Rechtsanwalt Thomas Grätz ist seit über 30 Jahren
gabenträger sich darüber verständigen, kann auch ein größerer mit Personenbeförderungsrecht befasst und war Geschäftsführer
Bedienbezirk festgesetzt werden. Im Stadt- und Vorortverkehr ist vom damaligen Taxi-Bundesverband BZP. Bekannt ist auch sein
für den Sammelverkehr – auch hier verpflichtend – eine soge- PBefG-Standardwerk „Fielitz ⁄ Grätz“.
nannte Bündelungsquote festzulegen. Sie kann aber auch auf
AUGUST 2022 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 13