Page 17 - Taxikurier Januar 2020
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TITELTHEMA ⁄ INTERVIEW
➔ DIE SBS BEHINDERTENFAHRDIENST GMBH
Die SBS GmbH ist ein Taxi- und Mietwagenunternehmen in München, deren Schwerpunkt auf der Beförderung
behinderter Fahrgäste liegt. Gegründet wurde die SBS im Jahr 2015. Jörg Hildebrand ist einer der Gründer der SBS Gmbh.
Er war zuvor bei der Firma Hölzl als Taxifahrer angestellt und beförderte auch dort bereits Rollstuhlfahrer. Als ein
behinderter Freund ebenfalls immer wieder über den Mangel an behindertengerechten Fahrzeugen im Taxigewerbe
sprach, entschloss sich Jörg Hildebrand zusammen mit zwei Kollegen selbst einen Transportservice für diese Menschen
zu gründen. Der Bedarf an Taxis, die Rollstuhlfahrer im Rollstuhl sitzend befördern können, nimmt stetig zu.
TAXIKURIER: Wie viele Fahrzeuge haben Sie und wie sind diese Rollstühlen zu erlernen, die richtigen Sicherungstechniken in den
ausgestattet? Fahrzeugen zu kennen, aber auch den Umgang mit den Fahrgäs-
ten, die aus den verschiedensten Gründen im Rollstuhl sitzen, zu
JÖRG HILDEBRAND: Wir haben insgesamt neun Fahrzeuge, drei erfahren. Die Fahrer müssen immer auf dem neuesten Stand der
davon sind Taxis entsprechend größer und die anderen sind noch Vorschriften sein. So sollen seit diesem Jahr die Rollstuhlfahrer
größere Mietwägen, die auch mehrere Rollstühle gleichzeitig im Rollstuhl speziell angeschnallt sein und der Rollstuhl muss
befördern können. Im Normalfall befördern wir einen Rollstuhl über eine Kopfstütze verfügen. Körperliche Stärke ist natürlich
mit bis zu fünf Begleitpersonen. auch von Vorteil, denn einen großen Rollstuhl über die Rampe
ins Fahrzeug hoch zu schieben, ist nicht leicht.
Gerade die Verfügbarkeit der Taxis bietet den Kunden eine hohe
Flexibilität. Da die Mietwägen meist schon tage- oder wochen- TAXIKURIER: Wie sieht es mit der Verfügbarkeit aus?
weise vorher gebucht werden, wäre es ohne die Taxis nicht
möglich, den Kunden auch ohne Vorbestellung eine schnelle JÖRG HILDEBRAND: Flexibilität ist heute sehr gefragt. Rollstuhl-
Abholung zu ermöglichen. fahrer möchten auch in den Abend- und Nachtstunden transpor-
tiert werden. Nur so können Kino- oder Theaterbesuche bequem
TAXIKURIER: Wie viele behinderte Personen befördern Sie realisiert werden. Dies ist ein bedeutender Teil der Lebensquali-
täglich? tät und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben der Menschen mit
Handicap. Ein Problem ist für uns der Taxitarif, da es sich bei uns
JÖRG HILDEBRAND: Wir befördern täglich zwischen 50 und eigentlich um eine ganz andere Dienstleistung als im normalen
60 Personen. Taxibetrieb handelt. Allein die Zeit, die wir brauchen, um den
Kunden ein- bzw. auszuladen, den Rollstuhl im Fahrzeug zu fixie-
Dabei sind die Aufträge ganz unterschiedlich. So fahren wir ren und den Fahrgast bei der Abholung in der Wohnung oder der
Kinder, die im Rollstuhl sitzen, zur und von der Schule, Personen, Zieladresse ins Haus zu bringen, ist enorm. Es gehört aber zu
die täglich zur Arbeit oder in eine geschützte Werkstatt müssen, unserer Firmenphilosophie, dass der Fahrgast selbstverständlich
aber auch Patienten, die zu ihren Therapien gefahren werden. nicht auf dem Gehweg stehen gelassen wird, sondern er wird
hineinbegleitet. Das kostet Zeit und ist durch den Taxitarif bei
Die Disposition nimmt 200 bis 300 Anrufe am Tag entgegen. Weitem nicht abgedeckt. Deshalb fahren wir so viele Aufträge
Dabei ist es uns wichtig, dass jeder Disponent auch Fahrer ist, wie möglich mit Mietwägen.
um die örtlichen Gegebenheiten und speziellen Wünsche der
Kunden richtig einschätzen zu können. Die Stadt München erwägt gerade, die Umrüstung von Taxis
für den behindertengerechten Transport zu fördern. München
90 % unserer Fahrten sind Rechnungsfahrten. Da wir meist mit hat eine Behindertenrechtskonvention unterschrieben und dann
den Ämtern, Behörden und Krankenkassen abrechnen und diese sollte man sich auch überlegen, ob sie dann nicht auch die
ihre Zahlungsziele selbst in den Verträgen festlegen, gehen wir Mehrkosten, die ein Behinderter zahlen muss, weil er wegen
pro Monat mit ca. 90.000 Euro in Vorleistung, was für ein kleines seiner Behinderung auf das Taxi angewiesen ist, übernehmen
Unternehmen eine große Belastung darstellt. sollte. Es wäre ein Anfang, in der Taxitarifordnung den Taxi-
Behindertentransporten einen angemessenen Preis zuzugestehen
TAXIKURIER: Welche Anforderungen werden an Behinderten- und die Differenz zum normalen Taxipreis als Kommune zu
transporte gestellt? übernehmen, um die Diskriminierung von Behinderten zu
verhindern. Dem Taxigewerbe wird hier wieder einmal keine
JÖRG HILDEBRAND: Unsere Fahrer müssen wie alle Taxler die Chance gegeben.
Ortskundeprüfung, ärztliche Untersuchungen usw. bestanden
haben. Wir kümmern uns dann um die weitere Ausbildung. Dabei TAXIKURIER: Welche Möglichkeiten gibt es, spontane Fahrten zu
ist es wichtig, fachgerecht den Umgang mit den verschiedenen organisieren?
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