Page 13 - Taxikurier Juni 2022
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Verkehrsrecht
MINDESTENTGELT FÜR DEN MIETWAGENVERKEHR
recht kompakt
IST MÖGLICH UND SINNVOLL
Eine kleine Revolution hat sich mit der Novelle 2021 des Zweitens: Die Genehmigungsbehörde ist bei Feststellung einer
Personenbeförderungsgesetzes ereignet: bisher war eines naheliegenden Gefahr für die öffentlichen Verkehrsinteressen
der wesentlichsten Merkmale des Mietwagenverkehrs, dass berechtigt, durch sog. Allgemeinverfügungen oder durch Aufla-
ihn keinerlei Preisvorgaben betrafen. Der Mietwagenunter- gen zu den Mietwagengenehmigungen ein Mindestentgelt für
nehmer hat mit seinen Fahrgästen den Fahrpreis immer ohne Mietwagen festzulegen. Sie hat also nicht die Möglichkeit, ana-
gesetzliche Vorgaben festgelegt, meist als Pauschalpreis für log zum Taxenverkehr eine Mietwagentarifordnung zu erlassen.
eine zeitliche Inanspruchnahme oder einen Kilometerpreis Drittens: Zwar liegt ein Mindestbeförderungsentgelt im Fokus
für die zurückgelegte Strecke. Ihn traf also keine Tarif- einer solchen Entscheidung; andererseits könnte behördlich
pflicht, wie sie seit jeher dem öffentlichen Verkehrsmittel aber auch eine andere tarifbezogene Regelung, auch zusätzlich
Taxiverkehr obliegt, der bei seinen Beförderungen im zu einem Mindestentgelt, getroffen werden. Vor allen Dingen
Pflichtfahrbereich den Regelungen der jeweiligen Taxi- kann auch ein nicht zu überschreitendes Höchstentgelt ange-
Tarifordnung zwingend unterliegt. ordnet werden. Viertens: Die Vorschrift ist auch zur Verhinde-
rung des Auswuchses von hereinschwärmenden Mietwagen aus
Diese verbraucherschützende Festlegung für den Taxiverkehr Nachbargemeinden großer Städte wie München oder bspw. auch
wurde vermehrt in den vergangenen Jahren von in den Markt Berlin, die meinen, sie entzögen sich dadurch der Kontrolle,
eintretenden Mietwagen-Vermittlern wie insbes. Uber und geeignet. Denn auch diese unterfallen dann einem Mindest-
FreeNow genutzt, um mit Dumpingpreisen zunächst den Markt preisregime, da die Anordnung eines solchen für den im Bezirk
zu stören, letztendlich mit dem Ziel, den Markt zu erobern. Die betriebenen Mietwagenverkehr gilt, demnach auch für außer-
dahinter stehende Idee ist einfach: „Ich habe genug Spielgeld, halb zugelassene Mietwagen.
um eine Zeitlang so günstig anzubieten, dass mein preisgebun-
dener Konkurrent einen Haufen Fahrten und damit Umsatz ver- Der Gesetzgeber hat den Genehmigungsbehörden mit der Mög-
liert. Wenn er dann nicht mehr kann und den Markt verlässt, lichkeit der Mindestentgeltanordnung ein scharfes Schwert zur
hole ich mir das vorher eingesetzte Geld über Preiserhöhungen Durchsetzung einer fairen Marktordnung in die Hand gelegt.
schon wieder rein.“ Diese sollten es unbedingt nutzen!
Diese Strategie hat der Gesetzgeber glücklicherweise erkannt Wo steht`s im Gesetz? § 51a Absatz 1 PBefG
und mit einer neuen Vorschrift die Möglichkeit für die örtliche
Behörde eröffnet, solchem Bestreben entgegen zu wirken. Die
Genehmigungsbehörde kann nämlich nach neuem Recht zum Der Autor: Rechtsanwalt Thomas Grätz ist seit über 30 Jahren
Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen für den in ihrem mit Personenbeförderungsrecht befasst und war Geschäftsfüh-
Genehmigungsbezirk betriebenen Mietwagenverkehr tarifbezo- rer vom damaligen Taxi-Bundesverband BZP. Bekannt ist auch
gene Regelungen, insbesondere Mindestbeförderungsentgelte, sein PBefG-Standardwerk „Fielitz ⁄ Grätz“.
festlegen. Aus diesem eigentlich recht übersichtlichen Satz
lässt sich eine Menge herauslesen. Erstens: Die Behörde ist bei
einer Einführung eines Mindestentgeltes für den Mietwagenver-
kehr daran gebunden, dass dies zum Schutz der öffentlichen
Verkehrsinteressen zu dienen hat. Darunter ist der Schutz vor
einer nicht nur behaupteten, sondern belegten Schwächung
des Linienverkehrs, des Taxenverkehrs und auch der ordentlich
arbeitenden Mietwagenunternehmer zu verstehen.
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